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Samstag, 4. Juni 2011

Bewusst mit wenig auskommen

In der Frühjahrsausgabe des Weleda-Magazin gibt es einen kurzen, aber lesenwerten Artikel über die Familie Jüttner vom Kupferhof. 

«Wir kommen ganz bewusst mit wenig aus»

Wie setzen Familien heute das Thema Nachhaltigkeit um? Die Jüttners vom Kupferhof in Deutschland zum Beispiel machen fast alles selbst. Familien aus anderen Ländern erzählen ebenfalls von ihrem Beitrag zu einer nachhaltigen Welt.


Text Kristina Hartmann 


Bevor Ronja, unsere Älteste geboren wurde, waren wir viel unterwegs: Indien, Südamerika. Gegen Kost und Logis haben wir auf Ökohöfen gearbeitet. In Spanien Ziegenkäse gemacht. In Griechenland Gärten angelegt, ein Geländer gezimmert. Und sind dabei ganz bewusst mit wenig ausgekommen. Wir haben erlebt, wie andere Kulturen mit Besitz umgehen. Was ist wirklich wichtig für uns? Brauchen wir das? Das sind ganz zentrale Fragen für uns.
Seit zwei Jahren leben wir jetzt auf dem Kupferhof, zusammen mit fünf Erwachsenen und drei Kindern. Und vier Schafen, Hasen und vielen Hühnern. Unsere Art zu leben ist einfach, aber ehrlich. Die vier Zimmer heizen wir komplett mit Holz, nicht mit Öl. Das haben wir gemeinsam
so entschieden. Schliesslich gibt es ausreichend Holz hier im Wald, der zum Haus gehört. Im Winter holen die Männer das abgestorbene Holz aus dem Wald und sägen es klein. Überhaupt machen wir das Meiste ganz bewusst selbst. Das klingt vielleicht spartanisch, aber wir wollen das so. Wir haben Freude am Tun! Als Landschaftsplanerin und Zimmerer sind wir beide selbstständig. Zeit für die Kinder, selbstbestimmt zu leben – diese Freiheit geniessen wir. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: wir denken uns viel dabei. 


Im Garten düngen wir organisch, mit eigenem Kompost und Hühnermist. Schnecken sammeln wir ab, Gift ist tabu. Das tut uns gut. Eigenes Obst, Gemüse, Fleisch: das Huhn, das wir schlachten werden, auf dem Schoss. Wir streicheln es alle und sprechen mit ihm. Es kennt uns,
hat keine Angst. Alles ist ruhig. Kann ich Krankenschwester und Schlachter werden?, fragt Ronja beim Rupfen. Das gebackene Huhn aus dem Ofen geniesst sie. Am nächsten Tag fragt sie: Wann essen wir die Perlhühner? Warum? Ich will mal sehen, wie es innen drin aussieht, sagt Ronja. Dieser direkte Bezug ist uns wichtig. Milch vom Biohof um die Ecke, Lebensmittel
aus der Region, Holz für die Zimmerei aus heimischen Wäldern. Wir kaufen bewusst ein, achten auf Qualität. Und konsumieren auch so. Bio gehört bei uns einfach dazu, ohne es immer wieder zu benennen. Vom vielen Haben zum guten Sein: das ist immer wieder Thema bei uns. Wie für viele Leute aus unserem Freundeskreis. Wir wollen nicht von Dingen besessen sein. Zu arbeiten, um etwas ganz Bestimmtes zu kaufen, dieses Bedürfnis haben wir nicht. Weniger zu haben, aber dafür mehr Zeit miteinander verbringen zu können, ist ganz wesentlich für unser Leben. Es macht uns glücklich! Und zufrieden. Schon die Kinder spüren, dass sie wenig brauchen.

Spielsachen wandern bei uns durch viele Kinderhände: wir leihen vieles von befreundeten Familien aus. Eigenes Spielzeug geben die Kinder oft weiter, weil sie merken: das brauch ich nicht mehr, das können andere haben. Andere Sachen sind viel spannender: Gerade wohnen
Hase und Meerschweinchen im Kinderzimmer. Ronja und Janosch bauen unermüdlich Burgen und Unterschlüpfe für sie. Natürlich haben wir auch Wünsche und Fragen. Was macht unsere Bank mit dem Geld, wenn wir es gerade nicht brauchen? Wir wollen, dass mit unserem Geld ökologisch und sozial umgegangen wird. Und ganz genau wissen, welche Projekte oder Unternehmen damit unterstützt werden. Ökologisch zu leben und zu handeln ist in
Deutschland noch nicht selbstverständlich. Das ist schade. Unser Wunsch: sich als Konsumenten auf soziale Standards verlassen zu können.

(Quelle: Weleda Magazin, Frühjahr 2011)




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